Im September lief ich nur vier Tage auf dem Jakobsweg, dem Camino de Santiago. Doch schon diese kurze Auszeit zeigte mir deutlich, wie wichtig Zeit für mich selbst ist. Wie wichtig es ist, für mich selbst zu sorgen.
Und weil mir „Self Care“ – also der fürsorgliche Umgang mit mir, meiner Psyche, meinem Körper – so wichtig (geworden) ist, hatte ich das Thema mal in meiner Community angesprochen, eine kleine Umfrage dazu durchgeführt. Die Ergebnisse: Teils erschreckend, dazu aber gleich mehr.
Nur ein Modewort?
Obwohl der Begriff „Self Care“ mittlerweile vielleicht zu einem Modewort verkommen ist und wir alle mehr oder weniger immer mal wieder davon hören und um die Wichtigkeit wissen, nimmt die Selbstfürsorge bei den meisten jedoch eine weniger wichtige Rolle in ihrem Leben ein.
In einer kleinen Umfrage wollte ich von meiner Community wissen, wie es um das Thema „Self Care“ steht. Ich wollte wissen, ob Ihr bewusste Handlungen, die gezielt das eigene emotionale, körperliche und geistige Wohlbefinden fördern, in Euren Alltag integriert.
Große Diskrepanz
Die Einstiegsfrage lautete „Wie wichtig findest Du das Thema „Self Care“ speziell für Beschäftigte im Fundraising bzw. in der Zivilgesellschaft?” Auf der Skala von 0 – unwichtig – bis 10 – ganz wichtig – kam von den 77 Teilnehmenden der Befragung der Durchschnittswert 8,6 heraus. Das Thema scheint also sehr wichtig zu sein.
Vielleicht schon erschreckend ist dahingehend die Einschätzung der Befragten zur eigenen Self Care. In der zweiten Frage wollte ich wissen, welchen Stellenwert Self Care im eigenen Leben hat. Auf der Skala von 0 – sehr niedrig – bis 10 – sehr hoch – ergab die Befragung eine 6,5. Ein Teilnehmer fasst das wie folgt zusammen:
„Bei den Fragen ist mir für mich eine große Diskrepanz zwischen der eigentlich “theoretischen Bedeutung” des Themas (die mir völlig klar und einleuchtend ist) aufgefallen und der eigenen Missachtung mir selbst gegenüber.”
Die Feststellung, zu wenig für sich selbst zu tun, verdeutlichen weitere Kommentare:
„Kommt gerne zu kurz…!”
„Ist schwieriger als man denkt.”
„Leider mache ich gar nichts für mich selbst, obwohl ich weiß, dass es wichtig ist.”
„Auch bei mir ist noch Luft nach oben, es mehr zu praktizieren.”
Vielleicht schon ein wenig ernüchternd, diese Selbsterkenntnisse zu haben und zu lesen. Doch es gibt auch Kommentare der Hoffnung, mit ersten Ideen, wie wir auf uns selbst achten können:
„Für mich ist wichtig (geworden), dass ich auf mich gut achte, mich selbst liebe, damit ich überhaupt liebevoll und authentisch mit anderen umgehen kann.”
Konkreter macht es eine andere Befragte:
„Ich habe einen Resilienzkurs besucht, um den Widrigkeiten im Job und im Außen besser zu begegnen und mit Gleichgesinnten einen Austausch zu pflegen.”
Das Thema – gar keine Frage – ist ein wichtiges. Doch viele sehen darin vielleicht weiterhin eine zusätzliche Aufgabe, ein weiteres To Do. Und ja, irgendwie stimmt das ja auch, denn natürlich braucht es Zeit, um zu spüren, was mir gut tut, was mir fehlt, von was ich mehr und von was ich weniger haben möchte. Doch gerade für uns Fundraiser:innen ist das wichtig investierte Zeit! Dazu eine Befragte:
„Ich finde Self Care besonders in unserem Bereich wichtig, weil wir uns ständig mit den Problemen der Welt beschäftigen. Das ist belastend und erzeugt auch eine Art von Erfolgsdruck: Wenn wir gut fundraisen, können wir Leid verringern. Self Care heißt, Klarheit zu behalten (Fundraising ist nur ein Teil des Wandels, andere Menschen können auch etwas beitragen durch z.B. Politik), sich selbst wohlgesonnen zu bleiben (in Gedanken und im Verhalten).”
In einer Welt, wie wir sie gerade vorfinden (ich muss die Krisenherde nicht aufzählen… wüsste auch gar nicht, wo ich anfangen sollte) sind mit sich selbst zufriedene Menschen ein wahrer Segen. Denn nur sie können auch geben und offen sein für andere. Und das ist zentral für uns Fundraiser:innen! Unsere Arbeit konfrontiert uns täglich mit schweren Themen, mit Umständen, die die meisten hoffnungslos werden lassen. Unsere Arbeit ist stressig und endlos, denn genug Geld haben wir nie. Daher musst Du mit guter Selbstfürsorge bestehenden Stress abbauen und solltest neuem vorbeugen.
„Self Care ist es auch, einen Job zu haben, für den man sich nicht verbiegen muss.”
Ich hörte mal von einer Studie, die Wald und Meer als Orte herausgefunden hatte, die für die mentale Selbstfürsorge zentral seien. So bringt es auch eine Befragte auf den Punkt:
„Aufenthalte im Wald sind meine Kraftspender.”
Also, liebe Leserin, lieber Leser: Wann machst Du – nur Du für Dich, allein – den nächsten min. 2-stündigen Waldspaziergang?
Was auch immer Du für Dich tust, ich hoffe, ich konnte Dir mit diesem Beitrag ein wenig dabei helfen, die eigene Selbstfürsorge wieder höher zu priorisieren. Ich werde am Thema dranbleiben. Für mich selbst – und für Dich. Neben der Selbstfürsorge für mich arbeite ich u.a. an einem Artikel für das Fundraising Magazin, in dem ich ganz konkrete Tipps für die eigene Self Care vorstelle und zeige, welche Verantwortung auch unsere Vorgesetzten dabei haben.
Abschließend möchte ich mich noch einer Befragten anschließen, die schreibt:
„Self Care ist kein Trend, sondern eine Lebenshaltung“
Das kann ich nur dick und fett unterstreichen! Wenn wir von dem Gedanken, sich um uns selbst zu sorgen, ergriffen sind und wir merken, wie dadurch auch unser Herz berührt wird, können wir „Self Care“ nach und nach besser leben. Das wünsche ich uns allen, insbesondere der Welt, in der wir uns in diesen Tagen befinden.